Pirappu- zweitägiges Meeting in Wertheim Dietenhan, 17.-18.5.2014
Was mag Hebammen nach ihrer Ausbildung oder nach vielen Berufsjahren motivieren, in Frankfurt in ein Flugzeug zu steigen, 8000 km in einem 10 stündigen Flug nach Chennai in Südostindien zurückzulegen, um fernab von Freunden und der Familie auf Taschengeldbasis bei einem Projekt zur Geburtshilfe mitzuarbeiten? Was veranlasst sie, ihre wichtigsten Dinge in einen Koffer für 23 kg zu packen, um in einer der ärmsten Gegenden Südostindiens zu leben und zu arbeiten?
Vielleicht ist es eine Mischung aus Reiselust, Mut zu Neuem und Unbekanntem, Ausstieg aus dem hektischen Klinikalltag in Deutschland und vor allem der Wunsch, das berufliche Können einer Hebamme in den medizinisch sehr unterversorgten Gebieten Südostindiens einzubringen und damit die sehr hohe Mütter-und Säuglingssterblichkeit in den ländlichen Gebieten Indiens zu verringern. Es ist aber auch der Auftrag, den in einer niederen Kaste geborenen und oft unwürdig versorgten Frauen Indiens eine menschenwürdige und hygienisch hochwertige medizinische Versorgung zu ermöglichen.
In den letzten drei Jahren ließen sich 14 deutsche und z.T. österreichische Hebammen von dem 2008 in Wertheim gegründeten Verein Pirappu gewinnen, um in Anaiyeri in Südostindien beim Aufbau und Betrieb einer Geburtshilfestation (Maternity- Health Centre: MHC) mitzuwirken und das dortige Projekt zu unterstützen. Sie waren jeweils zu zweit für sechs Monate mit vier indischen Schwestern in der Geburtshilfestation im Einsatz.
Der Verein Pirappu konnte diese Hebammen letztes Wochenende zu einem besonderen Treffen ins Bürgerhaus nach Dietenhan einladen. Zu Besuch waren die indische Ärztin Dr. Annie Marie Aruna und ihr Ehemann Mr. Anbarasu. Beide waren zu einem zehntägigen Besuch in Deutschland, verbunden mit einer Hospitation der indischen Ärztin in einem Klinikum in Landstuhl, um die dortige Geburtshilfe kennenzulernen.
Die Initiatoren des Projektes, Hebamme Hanka John aus Bremen und der Vorsitzende des Vereins Pirappu, Dr. Wolfgang Donné, berichteten anhand vieler Fotos zusammen mit den 14 Hebammen über die Entwicklung und die Arbeitsschwerpunkte der Geburtshilfestation in Indien. Neben Voruntersuchungen Schwangerer und Geburt finden Nachsorgeuntersuchungen der Mütter und Babies bei Hausbesuchen statt. Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit sind sogenannte „village- visits“, zu welchen die in einer blauen Bluse und weißem Schal gekleideten und gut erkennbaren Hebammen zusammen mit den indischen Schwestern abgelegene Dörfer aufsuchen. Schwangere werden beraten, einfache Untersuchungen durchgeführt, die Arbeit im MHC vorgestellt, außerdem finden Beratungs- oder Aufklärungsgespräche sowie Schulungen in Gesundheits- und Hygieneerziehung statt. Freudig empfangen wird das deutsch-indische Team auch von den vielen Schulklassen, bei denen sie Unterrichtseinheiten zu Themen der Ernährung, Körperpflege, Aufklärung abhalten. Großen Erfolg zeigt auch die Ausbildung von vier indischen Schwestern, die nach Ablauf des Jahres 2014 und dem Abzug der deutschen Hebammen die Geburtshilfestation selbständig und eigenverantwortlich unter der medizinischen Leitung der indischen Ärztin Dr. Annie Marie Aruna weiterführen werden. Als neuer Arbeitsbereich kamen in den letzten Monaten Erste Hilfekurse für die Dorfbevölkerung sowie HIV-Aufklärungsprogramme hinzu.
Mr. Anbarasu, der Manager des MHC, bedankte sich sehr für die finanzielle Unterstützung durch den Verein Pirappu. Pirappu arbeitet mit der regierungsunabhängigen indischen Organisation PMD (People`s Purpose Development Society) zusammen. Mr. Anbarasu leistet als Sohn des Präsidenten der PMD gute Arbeit im organisatorischen Bereich.
Bei dem gemeinsamen Treffen in Dietenhan wurde auch über die zunehmende Übernahme der Geburtshilfestation in indische Hände beraten. Hierzu wird ab 2015 kein festes deutsches Team mehr vor Ort sein. Für weitere Fortbildungen werden deutsche Hebammen und die deutsche Ärztin Frau Dr. Horter-Weber in größeren Abständen für einige Wochen das Projekt besuchen. Die finanzielle Unterstützung bleibt jedoch zunächst noch weiterbestehen.
Die Wertschätzung der Arbeit des deutsch-indischen Teams drückt sich immer wieder in großer Dankbarkeit der indischen Landbevölkerung aus und darin, dass es seit Einsatz der deutschen Hebammen nun auch Babies mit Namen Yasmin, Ursula und Daniela gibt.
Das Projekt der Geburtshilfestation in Südostindien, die Situation der Frauen in dieser Gegend, viele herzlich lachende und dankbare Gesichter, die Bemühungen, Veränderungen gemeinsam mit einem deutsch-indischen Team herbeizuführen und gemeinsam von einander zu lernen, bewegt diese Hebammen, aufzubrechen, sich einzubringen und als Beschenkte zurückzukehren.
Heidrun Wießner
Schriftführerin Pirappu